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Leselust und Lesefrust – aus Hörern werden Leser!

In einer repräsentativen „Studie zur Entwicklung von Lesemotivation bei Grundschülern“ der Erfurter Universität aus dem Jahr 2001 wurde der Einfluss des Deutschunterrichts auf Leseverhalten und Lesemotivation von Grundschülern untersucht.

„Am Lesen gefällt mir besonders gut, dass da erst nur Buchstaben sind, und wenn man es dann liest, ist es eine irre Geschichte.“ Dies ist eine von 2000 Antworten von Grundschülern der Klassen zwei bis vier auf die Fragen „Was gefällt dir am Lesen besonders gut?/Was gefällt dir am Lesen gar nicht? Eine andere wunderbare Antwort lautet: „dass die Abenteuer so was von spannend sind, da könnte ich hochfliegen.“

Beide Antworten bringen das Leseerlebnis und die Situation von Leseanfängern sehr gut auf den Punkt: Lesen lernen macht Mühe. Buchstaben müssen entziffert und zu Wörtern zusammengesetzt werden. Mehrere Wörter werden zu Sätzen, die eine Bedeutung haben. Stellen Sie sich bitte vor, Sie lernen Chinesisch und lesen Ihr erstes Buch! Ein Kind, das gerade lesen lernt, braucht einfache Wörter und kurze Sätze, gegliedert in Sinneinheiten. Und es braucht vor allen Dingen eine gute, spannende Geschichte, eine die diese Mühe lohnt. Spannende Geschichte scheinen im Schulunterricht eher Mangelware zu sein. „Manchmal ist Lesen in der Schule öde, weil es so ätzende Geschichten sind.“, sagt ein Grundschüler in der Erfurter Studie. Das Ergebnis der Studie ist ernüchternd und – was den Deutschunterricht anbelangt – keineswegs so „ dass man hochfliegen könnte“.

„Eine Kernaussage: Schüler dieses Alters sind durchaus fürs Lesen zu begeistern, nur meist nicht durch ihren Deutschunterricht. Das Interesse sinkt in den ersten Schuljahren rasant. Professorin Richter schätzt ein: "Unsere Befunde ... deuten daraufhin, dass der Deutschunterricht wenig Folgen für den Aufbau einer Lesemotivation hat, weil die Literaturauswahl und die Art der Literaturbehandlung an den Interessen junger Menschen vorbeigeht." (1)

(1) Richter, Karin (2002): Kindliche Lieblingslektüre und der Literaturunterricht in der Schule.

Starke Helden – Lesestoff für Schüler

Wo liegen die Interessen der Kinder im Grundschulalter? Vom Genre her gibt es für Kinderbuchautoren, die für diese Alterstufe schreiben keine Beschränkungen. Sachbücher, Gedichte (Reime), Krimis, Erzählungen und mit zunehmendem Alter auch Romane – alles kann Lesestoff für Grundschüler sein.

Der Schüler nähert sich in seiner Persönlichkeitsentwicklung dem Erwachsenen an. Er ist stark und schwach zugleich. Er muss viele neue Herausforderungen bewältigen, verfügt aber noch nicht über die Erfahrungen eines Erwachsenen. Die Konflikte, Probleme, Ängste und Nöte sind groß. Das Kind möchte jetzt in Büchern keine Helden kennenlernen, denen es genauso geht wie ihm selbst. Kinder in diesem Alter möchten sich lieber mit Stärkeren identifizieren. Sie brauchen Figuren, die mit absoluter Macht ausgestattet sind und Schwierigkeiten beiseite räumen können: Supermann, Batman, Harry Potter, starke Prinzessinnen, Feen, Hexen, Raumschiffkommandanten oder Seeräuber sind die literarischen Helden für dieses Alter.

Das passt auch zum Ergebnis der Erfurter Studie zur Lesemotivation:
„Auf die Frage: Welche Bücher/ Geschichten liest Du gerne? antworteten über die Hälfte der Jungen und Mädchen mit Titeln aus dem Genre der Abenteuerliteratur, d.h. favorisiert wird Literatur, "die märchenhafte und phantastische Strukturen miteinander verbindet". "Harry Potter" tauchte erwartungsgemäß häufig als Lieblingsbuch auf. Auf Platz zwei folgen Sachgeschichten. Lehrer hingegen bevorzugten für ihren Unterricht oft Texte, so genannte "wahre Geschichten". Offenbar sind die Schüler aber nicht von Geschichten zu begeistern, die zwar wichtige Themen behandeln, aber "ästhetisch" dürftig bleiben oder einfach platt erzählt sind. Die Kinder fühlen sich hier eher unterfordert.“ (1)

(1) Richter, Karin (2002): Kindliche Lieblingslektüre und der Literaturunterricht in der Schule.

Für Mädchen rosa, für Jungen blau?

Auch wenn man es lange Zeit nicht wahrhaben wollte – Jungen haben andere Vorlieben als Mädchen. Es spielt dabei keine Rolle, ob diese Unterschiede naturgegeben sind, oder ob sie durch Kultur und Erziehung hervorgebracht werden. Tatsache ist: Jungen mögen meist keine Pferdebücher, ebenso wenig wie rosarote Prinzessinnenbücher. Mädchen fliegen darauf. Die Themen „Fußball“ und „Ritter“ faszinieren Jungen mehr als Mädchen.

Insgesamt sind Mädchen aber eher „Allesleser“ als Jungen. Piraten- und Drachenbücher begeistern auch das „schwache“ Geschlecht. Und nach wie vor lesen Mädchen weitaus mehr als Jungen. Vielleicht gibt es für Mädchen auch ein größeres Literaturangebot?

Vielleicht finden sich ja auch ein paar unerschrockene neue Autoren, die Geschichten für Jungen schreiben. So, wie es zum Beispiel der preisgekrönte „Erwachsenen“-Krimi-Autor Friedrich Ani getan hat. Sein Buch „ Meine total wahren und überhaupt nicht peinlichen Memoiren mit genau elfeinhalb“ handelt von der ersten Liebe des elfeinhalbjährigen Simon Kesselbeck. Schön, einfühlsam, spannend, witzig – und wahr! Also Jungs: Lesen!

Gute Geschichten für Leseanfänger gesucht!

Das Schreiben für Kinder, die gerade lesen lernen, ist nicht einfach. Als Autor für „Erstleser“ müssen Sie den Spagat beherrschen. Auf der einen Seite muss die Geschichte anspruchsvoll, fesselnd und gut sein. Auf der anderen Seite müssen die formalen Vorgaben der Verlage erfüllt werden. Fast alle Kinderbuchverlage haben Erstlesereihen oder Bücher für Leseanfänger. Die Lese-Reihen sind didaktisch aufbereitet und meist in drei bis vier verschiedene Lesestufen unterteilt, die der wachsenden Lesefähigkeit des Kindes Rechnung tragen.

Wer in diesem Marktsegment Fuß fassen will, unterliegt wesentlich stärkeren Beschränkungen als bei der Erwachsenenliteratur. Die formalen Vorgaben der Verlage für Erstlesebücher sind äußerst präzise und rigide. Und leider müssen sie es sein, wenn sie Kindern das Lesenlernen – wenn schon nicht leicht – so doch nicht unnötig schwer machen wollen. Doch gerade in den formalen Vorgaben liegt auch eine große Chance für Sie als Autor/in: Ihr eingereichtes Manuskript wird sich positiv von den vielen anderen abheben, wenn Sie die formalen Vorgaben weitgehend erfüllen. Schauen Sie sich die Bücher der verschieden Erstlese-Reihen genau an. Zählen Sie die Seiten, die Zeilen, die Wörter. Auch in den Verlagsprospekten sind die Vorgaben oft sehr präzise beschrieben. Machen Sie sich schlau!

Lesen Sie dazu auch: Handreichung für Autoren

Handreichung für Autoren (1)

In einer Handreichung für Autoren schreibt der Oetinger Verlag für die Erstlesereihe „Laterne, Laterne“ folgende formalen Kriterien vor:

Umfang: 32 Seiten, davon beträgt der Bildanteil ca. 50 %. Der Text umfasst insgesamt etwa 250 Zeilen à 33 Anschläge.

Satz: Da Kinder dieser Lesestufe häufig noch Schwierigkeiten haben, die Sätze selbstständig in sinnvolle Einheiten zu gliedern, werden die Zeilen in Sinnschritte gesetzt. Die Zeilen haben höchstens 33 Anschläge und nicht mehr als 6 Wörter.

Stil: Von didaktischer Seite wird empfohlen, Fragmentsätze, Bandwurmsätze, Endloswörter oder große Sprünge in der Handlung zu vermeiden, da Leseanfänger bei sehr komplexen Satzkonstruktionen schnell die Orientierung verlieren können, ebenso, wenn ein Satz einfach abbricht oder ein Satzteil fehlt.

Diese Handreichung soll Ihnen nur ein Beispiel geben. Andere Verlage und andere Erstlesereihen haben andere Vorgaben. Finden Sie sie heraus! Wenn Sie vorhaben, eine Geschichte für Erstleser zu schreiben, wird Ihr Manuskript den überlasteten Kinderbuchlektorinnen äußerst angenehm auffallen, wenn nicht nur die Geschichte gut ist, sondern auch Stil und Textmenge stimmen.

(1) Aus dem Fernlehrgang „Kinder- und Jugendliteratur“ der Schule des Schreibens, Studienheft KRS 27, Seite 9 (?)

 

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