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Bücher als Entwicklungshelfer

Je älter das Kind wird, desto selbstständiger wird es. Die Zeit dieser Altersstufe steht im Zeichen der Entwicklung der eigenen Persönlichkeit. Mit dem Kindergarteneintritt geht das Kind hinaus in die Welt. Es verlässt die elterliche Schutzzone. Es sieht, dass andere Kinder anders sind. Mutiger oder ängstlicher. Es vergleicht sich und fügt sich in eine Gruppe ein. Es versucht sich gleichzeitig abzugrenzen, eine eigene Meinung zu vertreten, einen Standpunkt zu entwickeln. In diesem Alter wollen Kinder die Wahrheit über die Dinge herausfinden. Das Verständnis für die konkreten Dinge des Lebens ist bereits weit fortgeschritten. Abstraktionen hingegen werden meist noch nicht verstanden.

Bei den jetzt entstehenden Problemen und Herausforderungen können Bücher eine große Hilfe sein. Neben der realen Welt, die immer größeren Raum einnimmt, steht die Fantasiewelt des Kindes. Kinder können zwischen Fantasie und Realität unterscheiden, aber beide Welten sind keine Gegensätze für sie. Im Gegenteil: Ihre Fantasie hilft ihnen, sich in der realen Welt zu orientieren. Heerscharen von Monstern, Drachen, Feen, Hexen, Zauberern – aber auch „gewöhnliche“ kindliche Helden mit normalen Alltagsproblemen wie Willi Wiberg – stehen bereit. Sie helfen dabei, die eigenen Ängste anzuschauen und zu überwinden. Sie helfen, Gefühle wie Wut, Trauer, Scham etc. zu klären und reale Probleme zu lösen.

So schreiben Sie für Hörer

Wichtig für Sie als Autor ist: Kinder in dieser Altersstufe sind keine Leser, sie sind Zuhörer. Sie lieben Geschichten und sie lieben es, vorgelesen zu bekommen. Wie schreibt man für Hörer? Sie kennen den Unterschied zwischen Lesen und Hören selbst. Jeder von uns hat schon einmal einen Vortrag angehört. Mancher ist schon angesichts unendlich ineinander verschachtelter Bandwurmsätze irgendwann ausgestiegen, weil er nichts mehr verstanden hat. Und häufig verdursten Fantasie und Vorstellungskraft der Zuhörer in abstrakten Wörterwüsten.

Für Hörer muss die Sprache einfach und klar sein, sinnlich und bildhaft. Die Gedanken sollten in logisch nachvollziehbarer Reihenfolge vorgetragen werden. Und sie müssen in verständliche Wörter und geradlinige Sätze gekleidet werden. Ein Zurückblättern oder wiederholtes Lesen ist nicht möglich. Dies alles gilt für erwachsene Hörer. Wie viel mehr noch für Kinder!

Kinder im Alter zwischen vier und sechs Jahren sind begeisterte Zuhörer. Sie sind offen, interessiert und wissbegierig. Für Kinder dieses Alters können Sie nahezu alles schreiben: Problemgeschichten genauso wie fantastische Literatur. Prosa wie Poesie, Belletristik wie Sachbuch – alles kommt an – wenn es nur fesselnd und spannend erzählt ist.

Wichtig ist, dass Sie Bücher nicht in belehrender Absicht schreiben. Kinder haben einen sechsten Sinn für den pädagogischen Zeigefinger zwischen den Zeilen. Und Kinder wollen – genau wie erwachsene Leser – nicht belehrt, sondern gut unterhalten werden. Es ist nicht die Aufgabe der Literatur an Kindern herumzuziehen.

Wenn wir Kinder für Bücher gewinnen wollen, müssen es „ehrliche“ Bücher sein, die gut geschrieben sind und Freude machen. Auch andere Medien wie Fernsehen, Kassettenspieler, CD-Player und Computer buhlen um die Gunst des Kindes. Gelingt es nicht, dass (Vor)Lese-Erlebnis ebenso attraktiv und unterhaltsam zu gestalten wie eine Fernsehstunde, dann hat das Medium Buch verloren: Der kleine Mensch ist um sein Vergnügen als Leser gebracht, noch bevor er zum Leser werden konnte. Schade wär’s!

Hören ist nicht lesen: die Unterschiede

krs26

Aus dem Fernlehrgang Kinder- und Jugendliteratur der Schule des Schreibens, Studienheft KRS 26, Seite 49

 

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